Hinter der Bekanntgabe steht ein offizieller Beschluss des Nokian-Managements vom 28. Juni 2022. Demnach sei es für das Unternehmen „aufgrund des Krieges in der Ukraine und der darauf folgenden, sich verschärfenden Sanktionen nicht mehr möglich und nicht mehr tragbar, die Geschäftstätigkeit in Russland fortzusetzen“. Die Vorbereitungen auf den „kontrollierten Rückzug“ aus Russland laufen bereits und sollen mit Rücksicht auf die örtlichen Mitarbeiter und die Gesetzeslage durchgeführt werden.
Am russischen Nokian-Standort in Vsevolozhsk nahe St. Petersburg sind aktuell rund 1.600 Mitarbeiter beschäftigt. Bereits im April hatte der Konzern entschieden, nicht mehr in die russische Produktion zu investieren, zugleich aber bekräftigt, das Pkw-Reifenwerk weiterführen zu wollen. „Wir haben uns kurzfristig darauf konzentriert, uns an das sich schnell verändernde, höchst unsichere Geschäftsumfeld anzupassen und die Kontrolle über unsere Aktivitäten in Russland zu behalten", so Jukka Moisio, Präsident und CEO von Nokian Tyres, rückblickend. Er fügt an: „Wir haben die Situation mit großer Traurigkeit verfolgt und verurteilen gemeinsam mit der gesamten internationalen Gemeinschaft eindeutig den Krieg, der unsagbares Leid über so viele Menschen gebracht hat.“
17-jährige Geschäftstätigkeit geht zu Ende
Nokian Tyres ist seit 2005 in Russland tätig. Die Aufgabe der dortigen Aktivitäten ist für den Reifenhersteller mit einer Vielzahl an wirtschaftlichen Herausforderungen verbunden. Im vergangenen Jahr wurden rund 80 Prozent aller Nokian-Pkw-Reifen in Russland hergestellt. Zudem entfiel etwa ein Fünftel des Nettoumsatzes der Finnen auf den Geschäftsbereich Russland und Asien. Angesichts der großen Bedeutung des Geschäfts und insbesondere auch mit Blick auf die Mitarbeiter spricht Moisio von keiner leichten Entscheidung, die das Management getroffen habe: „Nach gründlicher Abwägung und Bewertung verschiedener Optionen haben wir beschlossen, Nokian Tyres ohne Präsenz in Russland neu aufzubauen und uns auf Wachstumschancen in unseren anderen Kernmärkten zu konzentrieren.“
Erste Schritte in diese Richtung hatte das Unternehmen bereits mit Beginn des Krieges in der Ukraine vollzogen: Damals wurde die Produktion ausgewählter Produktfamilien aus dem russischen Werk in St. Petersburg an Standorte in Finnland und den USA verlagert. Zugute kam dem Hersteller dabei, dass diese Verlagerung im Rahmen der im September 2021 angekündigten Wachstumsstrategie – zumindest teilweise – ohnehin vorgesehen war. Darüber hinaus hatte das Nokian-Management bekanntgegeben, in Europa „in völlig neue Kapazitäten zu investieren“. Details hierzu stehen aber bislang noch nicht fest.
Bezüglich der Maßnahmen zur Beendigung der Russland-Geschäfte heißt es seitens des Konzerns weiter: „Als Teil dieses Prozesses wird Nokian Tyres im zweiten Quartal 2022 Wertminderungen in Höhe von rund 300 Millionen Euro für die russischen Vermögenswerte vornehmen. Diese werden als Non-IFRS-Ausschlüsse verbucht. Unter Berücksichtigung der Wertminderungen beläuft sich der Wert des Nettovermögens von Nokian Tyres in Russland und Weißrussland am 31. Mai 2022 auf rund 400 Millionen Euro.“ Mit Wirkung zum 28. Juni 2022, sei ferner Andrey Pantyukhov, der den Geschäftsbereich Russland und Asien von Nokian Tyres leitete, aus dem Nokian-Management ausgeschieden.