Herr Kanwar, Ihr Unternehmen hat in den letzten Jahren einen steilen Wachstumskurs eingeschlagen. Welche strategischen Pläne verfolgen Sie?
Neeraj Kanwar: Unsere Zielsetzung haben wir schon seit einigen Jahren klar festgelegt. Wir wollen unter die Top Ten der Reifenhersteller in der Welt kommen und uns als Global Player etablieren. Die Top Ten werden wir mit einem Umsatzvolumen von zwei Milliarden US-Dollar spätestens zum Abschluss unseres Geschäftsjahres im März 2011 erreicht haben. Um den Anspruch als Global Player zu erfüllen, haben wir in allen Bereichen investiert. Unsere neue state-of-the-art Produktionsstätte in Chennai ist Beleg für unsere Wachstumsstrategie. Wir wollen organisch wachsen und dabei vor allem auf die Qualität unserer Produkte achten. Wir investieren in hochmoderne Maschinen, Qualitätskontrollen und vor allem in unsere Mitarbeiter. Diese sind gut ausgebildet und sind stolz darauf, bei uns zu arbeiten.
Wie weit sind die beiden Akquisitionen von Dunlop Tyres in Südafrika und Vredestein aus den Niederlanden bereits integriert?
Neeraj Kanwar: Dieser Prozess ist mittlerweile sehr weit fortgeschritten. Beide Brands bieten uns die Möglichkeit, den Markteintritt in Südafrika bzw. Afrika und in Europa nachhaltig durchzuführen. Wir haben für 32 Länder in Afrika die Lizenzrechte für die Produktion und den Vertrieb der Marke Dunlop erworben. Die Marke Vredestein ist in Europa ebenfalls sehr gut bekannt und eingeführt.
Wie wollen Sie die verschiedenen Marken positionieren?
Neeraj Kanwar: In der Tat verfügen wir über ein beachtliches Markenportfolio. Für uns ist die Marke Apollo ein „Global Brand“. Sie wird in allen Märkten als Premiumbrand vermarktet und ist gleichzeitig unsere OE-Marke für die Fahrzeugindustrie. Die Marke Vredestein wird weiter erfolgreich in Europa vertrieben. Aber auch in anderen Märkten wie den USA und Kanada ist Vredestein vertreten. Für den indischen Markt wird Vredestein eher eine hochwertige Nischenmarke sein, die jedoch über Potenzial verfügt. Die Marke Dunlop werden wir wie bereits gesagt in 32 afrikanischen Ländern sowie in Südafrika puschen. Maloya ist ein Low Budget Brand.
Wollen Sie die Lkw-Marke Regal nach Europa bringen?
Neeraj Kanwar: Das ist nicht geplant, gleichwohl werden wir unter der Marke Apollo den Markteintritt für Lkw-Reifen in Europa prüfen und diesen bei Bedarf durchführen. Jedoch sehen wir zurzeit dafür keine Veranlassung.
Planen Sie, in Zukunft Runflat-Reifen zu bauen?
Neeraj Kanwar: Der Bau von Runflat-Reifen ist technisch sehr anspruchsvoll und zeigt die Kompetenz eines Reifenherstellers. Wir haben mit Vredestein eine anspruchsvolle Marke, die Runflat-Reifen produziert. Somit sind wir für eine eventuell ansteigende Nachfrage auf jeden Fall gerüstet und können reagieren.
Auf der diesjährigen Reifenmesse in Essen haben Sie den Markteintritt in Europa mit der Marke Apollo verkündet. Wie wollen Sie diese dort platzieren?
Neeraj Kanwar: Wir sind bereits in den Ländern Deutschland, Großbritannien, Italien und den Niederlanden gestartet. Federführend für diesen Auftritt in der Zone Europa ist unser Head Office in Enschede in den Niederlanden. Hilfestellung erfährt Enschede durch unser global agierendes Marketing-Team in Brüssel, das die verschiedenen Auftritte in den einzelnen Ländern mit der Gesamtstrategie koordiniert. Zudem ist anzumerken, dass wir in allen Ländern mit nur einem Preis agieren. Wir erhoffen uns dadurch einen transparenten und vor allem einen hohen Preis für unsere Reifen. Mit Vredestein haben wir bereits ein funktionierendes Vertriebsnetz, dass wir für die Marke Apollo nutzen. Wir wollen nah am Markt agieren und sind mit zahlreichen Reifenfachhändlern im Gespräch. Das große Interesse hat uns doch sehr überrascht. Wir bevorzugen Reifenfachhändler und keine Großhandelsunternehmen. Auch die Nachfrage nach unseren Reifen ist zurzeit sehr groß. Wir haben nicht genug Reifen, um alle vorhandenen Anfragen zu befriedigen. Trotzdem haben wir uns auf die Fahne geschrieben, mehr in die Marke zu investieren und weniger in Volumen.
Werden in Enschede auch Apollo-Reifen gebaut?
Neeraj Kanwar: Ich sehe die Produktion in Enschede in erster Linie für Vredestein reserviert. Denn auch die Marke Vredestein partizipiert von unserem Markteintritt in Europa und soll weiter wachsen. In Enschede werden im Augenblick Apollo-Reifen ab 18 Zoll gebaut.
Wie wollen Sie die Apollo-Reifen preislich im Markt etablieren?
Neeraj Kanwar: Unsere Apollo-Reifen werden preislich gesehen ca. fünf Prozent unter Hankook-Reifen angeboten. Wir streben einen langsamen aber effektiven Marktaufbau an.
Welches Wachstumsziel verfolgen Sie in Europa?
Neeraj Kanwar: In den nächsten drei Jahren wollen wir den Umsatz in den vier Ländern verdreifachen. Außerdem bereiten wir den Markteintritt in weiteren europäischen Ländern vor.
Wie sieht Ihre OE-Strategie aus?
Neeraj Kanwar: Mit der Marke Apollo sind wir bereits bei zahlreichen Fahrzeugherstellern im indischen Markt als OE-Lieferant gelistet. Zurzeit werden Gespräche mit weiteren Fahrzeugherstellern geführt. Das gilt nicht nur für den indischen Markt sondern auch für Europa und Südafrika. Die Marke Apollo ist unsere OE-Marke. Natürlich haben wir größtes Interesse daran, unsere OE-Kompetenz auch in Europa den Fahrzeugherstellern zur Verfügung zu stellen. Bei Volkswagen zum Beispiel sind wir zum Global Supplier ernannt worden. Wir erhoffen uns natürlich dadurch weitere OE-Aufträge, auch aus Europa.
Wie schätzen Sie die globale Marktsituation ein? Welche Regionen werden in Zukunft wachsen?
Neeraj Kanwar: Wir haben unsere Märkte in verschiedene Zonen unterteilt. Zone Indien stellt unseren Heimatmarkt dar, erweitert durch die Regionen Asien, den mittleren Osten und Pazifik. Das Head Office ist hier in Gurgaon. Die Zone Afrika repräsentiert Afrika und Südafrika , mit dem Head Office in Durban. Die Zone Europa wird von Enschede aus koordiniert und beinhaltet Europa, Russland, USA und Kanada. Wir beobachten natürlich auch den chinesischen Markt, der immer interessanter wird. In Nordamerika arbeiten nach unserer Meinung zu viele Discounter, deshalb werden wir uns dort nicht zu stark engagieren.
Sie verfügen bereits über acht Produktionsstätten. Planen Sie weitere Fabriken?
Neeraj Kanwar: Wenn sich unsere Pläne so verwirklichen lassen wie erhofft, dann werden wir sicherlich eine weitere Green-Field-Fabrikation errichten. Vielleicht in Süd-Indien, wir werden sehen.
Zahlreiche Reifenhersteller sind im Motorsport sehr aktiv. Kommt das für Sie ebenfalls in Frage?
Neeraj Kanwar: Ein klares Nein. Ich selbst habe sehr intensiv Tennis gespielt und wir haben in der Vergangenheit mehrere junge Tennisspieler unterstützt. Motorsport ist nicht unsere Domäne und wird es auch nicht werden.
Herr Kanwar, danke für das Interview.
(oth/kle)