Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) vertritt die Interessen der gesamten Reifenbranche. Neben dem Handel gibt es weitere Gruppierungen wie die Runderneuerer und Entsorgungsfachbetriebe. Die Vulkaniseure spielen dabei eine große Rolle, da sie die handwerkliche Expertise in vielen Bereichen bieten. In Summe setzt sich der BRV nach eigenen Angaben aus fast 2.100 Mitgliedern und knapp 3.500 Outlets sowie 150 Fördermitgliedern zusammen.
Die Entwicklung vom reinen Reifenhandwerk zum modernen Reifenfachhandelsbetrieb hat viele Jahrzehnte gedauert. Bis 1988 konkurrierten der Deutschen Reifenhändler Verband und der Zentralverband des Deutschen Vulkaniseurhandwerks um die Deutungshoheit in Fragen rund um den Reifen. Dem langjährigen geschäftsführenden Vorsitzenden Peter Hülzer gelang es ein Jahr nach seiner Wahl in 1987 die beiden Verbände im Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) zu fusionieren. Diese fruchtbare Zusammenarbeit dauert nun mehr als 35 Jahre an. Es entstand eine schlagkräftige bundesweite Vertretung, in der sich die handwerklichen Fertigkeiten der Vulkaniseure und die betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten der Reifenfachhändler zum Wohle der Branche ergänzten und befruchteten.
Rasante Entwicklung
In den Zeiten des Mangels an Reifen war es normal, einen defekten Reifen unter Einhaltung technischer Gesichtspunkte zu reparieren. Zudem gab es damals auch noch eine Nachfrage nach runderneuerten Pkw-Reifen. Mit dem rasanten Ausbau der Fahrzeugindustrie in Verbindung mit immer stärkeren Motoren und damit höheren Geschwindigkeiten nahm die Nachfrage und Akzeptanz nach runderneuerten Reifen ab.
Diese Tendenz lässt sich auch in der umfangreichen Datenbank unserer Fachzeitschrift AutoRäderReifen-Gummibereifung erkennen. Mehr als 608 unterschiedliche Sommer-Reifenprofile verschiedenster Marken und Anbieter verdeutlichen, dass Reifen in den drei Qualitätskategorien Premium, Quality und Budget in Hülle und Fülle vorhanden sind. Zudem haben in den letzten Jahren die sogenannten Ganzjahresreifen zu einem phänomenalen Aufschwung angesetzt. Mittlerweile stellt die Versorgung mit Reifen kein Problem mehr dar. In all den Jahren war der Reifenfachhandel der Protagonist, der die Versorgung mit Reifen und damit die Mobilität sicherstellte.
Innungen treten aus dem BRV aus
Der Überfluss führte jedoch auch dazu, dass das Vulkaniseur-Handwerk leider immer stärker in den Hintergrund getreten ist. Dies bestätigen unter anderem die Ausbildungszahlen, die seit den 1980 Jahren kontinuierlich zurückgegangen sind. Darunter leiden natürlich auch die Vulkaniseur-Innungen, die mittlerweile nicht mehr in jedem Bundesland vorhanden sind. Im Reifenfachhandel gibt es immer weniger ausgebildete Vulkaniseure und noch weniger Vulkaniseur-Meister.
Diese Entwicklung wird von den beteiligten Personen unterschiedlich bewertet auch und gerade im Verband. Leider haben die teilweise konträren Ansichten dazu geführt, dass die Innung Rhein Ruhr und die Kreishandwerkerschaft Essen Ende letzten Jahres aus dem BRV ausgetreten sind. Mindestens eine weitere Innung hat sich für einen Austritt Ende dieses Jahres ausgesprochen.
Blick in die Zukunft
Jetzt kommt es darauf an, die Unstimmigkeiten im Sinne des gesamten Reifenmarktes beizulegen. Sicherlich ist in den vergangenen Jahren nicht alles optimal verlaufen. Wahrscheinlich wurden auf beiden Seiten Fehler gemacht. Versäumnisse sollten benannt werden und deren Lösung in zukunftsfähige Projekte einfließen. Das Berufsbild des Vulkaniseurs muss unbedingt an die heutige Zeit angepasst und attraktiv gestaltet werden. Zudem sollte wieder mehr Wert auf die handwerksbezogenen Leistungen der Vulkaniseure gelegt werden.
Die seit mehreren Monaten intensiv geführten Diskussionen rund um den Klimaschutz in Verbindung mit der Kreislaufwirtschaft und der Schonung der Ressourcen führen zu einem Umdenken in der Gesellschaft und auch in der Industrie. So ist es nicht verwunderlich, dass die Diskussion rund um runderneuerte Pkw-Reifen wieder aufflammt. Im Lkw-Reifensegment werden zurzeit rund 30 Prozent der abgefahrenen Reifen in Deutschland runderneuert. Fehlende Rohstoffe, der Ausbau der Kreislaufwirtschaft und steigenden Preise im Kraftstoffbereich werden zum Treiber für die Runderneuerung in allen Bereichen.
Dringender Apell
Für den BRV wäre es eine ungute Entwicklung, wenn nicht mehr alle Strömungen und Interessengruppen innerhalb der Reifenbranche im Verband vertreten wären. Die Stärke des Verbandes liegt in der Vielfalt der Gruppierungen und Meinungen. Deshalb ist es umso wichtiger, alle beteiligten Interessengruppen an einen Tisch zu bitten und eine Neuausrichtung zu versuchen. Die Reifenbranche verdient eine eigene starke Interessenvertretung, die von einer aktiven Geschäftsführung in die Zukunft geführt werden sollte. Daran sollte allen Mitgliedsbetrieben gelegen sein.