Am Standort Bethune beschäftigt das Reifenunternehmen aktuell 863 Mitarbeiter. Die Verantwortlichen teilen mit, sie seien sich der sozialen Auswirkungen des Projekts in vollem Umfang bewusst. Nun gehe es darum, Unterstützungspläne für jeden Mitarbeiter aufzustellen. Dies geschehe in enger Absprache und im ständigen Dialog mit den Arbeitnehmervertretern. Vorruhestandsmaßnahmen, Unterstützung für die Versetzung von Mitarbeitern in andere Tätigkeitsbereiche von Bridgestone in Frankreich sowie Initiativen zur Erleichterung externer Versetzungen werden in den kommenden Monaten vom Unternehmen vorgelegt und mit den Arbeitnehmervertretern eingehend erörtert, heißt es. Das Unternehmen sucht bereits nach einem Käufer für den Standort Bethune.
Wie Continental ergreift auch Bridgestone also "strukturelle Maßnahmen", um, wie es aus der europäischen Zentrale in Belgien heißt, "die Geschäftskontinuität in Europa zu erhalten". Das aktuelle Branchenumfeld für Pkw-Reifen gefährde die Wettbewerbsfähigkeit von Bridgestone auf dem europäischen Markt. Bereits vor der Corona-Pandemie sah sich der Pkw-Reifenmarkt laut den Verantwortlichen mit starkem Gegenwind konfrontiert. Der Reifenkonzern führt auf: "Das Volumen des Pkw-Reifenmarktes hat sich in den letzten Jahren stabilisiert (durchschnittliches jährliches Wachstum < 1 Prozent), während der Wettbewerb durch asiatische Low-Cost-Marken weiter zunimmt (Anstieg des Marktanteils von 6 Prozent im Jahr 2000 auf 25 Prozent im Jahr 2018), was zu allgemeinen Produktionsüberkapazitäten führt. Dies hat zu einem Druck auf Preise und Margen sowie zu Überkapazitäten im Segment niedriger Felgendurchmesser geführt, da die Nachfrage im LRD-Bereich zurückgegangen ist." Das Bridgestone-Werk in Bethune sei innerhalb der gesamten europäischen Unternehmenspräsenz das am wenigsten gut positionierte und am wenigsten wettbewerbsfähige.
In den letzten Jahren hat Bridgestone eigenen Angaben zufolge verschiedene Maßnahmen ergriffen – darunter Versuche, die Wettbewerbsfähigkeit des Werks Bethune zu erhöhen. Diese hätten sich jedoch als unzureichend erwiesen – seit mehreren Jahren verzeichne man Verluste bei den in Bethune produzierten Reifen. In Anbetracht der gegenwärtigen Dynamik im Markt ist nach Einschätzung des Managements eine Verbesserung der Situation nicht absehbar. „Die Schließung des Werks in Bethune ist kein Projekt, das wir auf die leichte Schulter nehmen. Aber es gibt keine andere Lösung zur Bewältigung der Herausforderungen, vor denen wir in Europa stehen. Dies ist ein notwendiger Schritt, um sicherzustellen, dass wir die Geschäftskontinuität von Bridgestone in Europa erhalten“, sagt Laurent Dartoux, CEO von Bridgestone EMIA. Dieses von Dartoux benannte "Projekt", also die Schließung des Standortes, soll nicht vor dem zweiten Quartal 2021 in Kraft treten. Bridgestone plane weiterhin eine hohe Präsenz in Frankreich aufrechterhalten – insbesondere durch Verkaufs- und Einzelhandelsgeschäfte mit etwa 3.500 Mitarbeitern. (kle)