Auf der Landstraße und der Autobahn fühlt sich die BMW R 18 Transcontinental pudelwohl.
Foto: Martin Häussermann
Auf der Landstraße und der Autobahn fühlt sich die BMW R 18 Transcontinental pudelwohl.

Fahrbericht BMW R 18 Transcontinental

Kreuzfahrt-Schiff

Die BMW R 18 Transcontinental ist die bayerische Antwort auf die Harley-Davidson Electra Glide.

Wildern ist derzeit beliebt in der Motorrad-Welt. Harley-Davidson tummelt sich seit geraumer Zeit mit der Pan America in der Welt der großen Reiseenduros. Die wird seit Jahrzehnten von BMW und ihrem Bestseller GS dominiert. Dennoch ist die Pan Am nicht unerfolgreich, sie hat ihre Liebhaber gefunden. Und das, so unsere Prog­nose, wird auch die BMW R 18 Transcontinental erleben, die amerikanisches Hoheitsgebiet erobern will. Sie bricht ein in die Welt von Harley-Davidson und Indian, die sich das Marktsegment der großvolumigen Retro-Reisekreuzer bisher teilten. Nun bekommen Harley Electra Glide und Indian Roadmaster Konkurrenz – und zwar eine sehr ernst zu nehmende.

Mächtiger Boxermotor

Das stellen wir schon bei der Übernahme des Testmotorrads vor den Toren Münchens fest. Ein gewaltiges Motorrad mit einem gewaltigen Motor steht da vor uns. BMW tritt der amerikanischen V2-Konkurrenz mit einem mächtigen Boxer entgegen, der sich mit seinen 1802 Kubik nicht verstecken muss. Er kann es auch gar nicht, zu dominant wirken die beiden großen Zylinder. 427 Kilogramm gibt BMW als fahrfertiges Leergewicht an. Dann ist der Tank aber nur zu 90 Prozent gefüllt und ausschließlich die Serienausstattung berücksichtigt. Vollgetankt und mit den bei BMW-Testmotorrädern immer reichlich vorhandenen Extras dürfte sich das Gewicht Richtung 450 Kilogramm bewegen und inklusive Fahrer auf jeden Fall auf mehr als eine halbe Tonne. Das nötigt selbst einem routinierten Motorradfahrer Respekt ab.

Um dieses Trumm vom Seitenständer in die Senkrechte zu wuchten, braucht es Kraft, Geschick und den breiten Lenker. Dabei wirkt es sich vorteilhaft aus, dass die Sitzhöhe nur 740 mm beträgt. So haben auch kurzbeinige Fahrer im Stand immer beide Füße komplett auf dem Boden und balancieren das Ganze locker aus. Noch einfacher wird es, wenn die Fuhre ins Rollen gekommen ist. Dann lässt sich der Halbtonner nämlich mit moderatem Krafteinsatz bewegen. Von Handlichkeit zu sprechen, wäre wohl etwas übertrieben, doch auf mittleren und längeren Radien wirkt die R18 durchaus behände. Auf winkligen Straßen jedoch macht sich der enorme Radstand von fast 1,70 Meter bemerkbar und man tut gut daran, ein wenig Gas rauszunehmen, sonst kratzen die Trittbretter wirklich in jeder Kurve. Das gelingt trotz der eher auf Komfort ausgelegten Fahrwerksabstimmung erstaunlich zielsicher. Da müssen natürlich auch die Reifen mithelfen. Unser Testfahrzeug war mit den Bridgestone Battlecruise H50 in der Spezifikation G besohlt. Sie machten ihre Sache sehr gut. Wir fühlten guten Grip auf trockener wie auf nasser Straße – und am Handling gab es wie bemerkt nichts auszusetzen.

Ein echtes Sahnestück ist der Big-Block-Boxer. Der meldet sich nach dem Druck auf den Startknopf mit vehementem Schütteln und deutlich vernehmbar zur Arbeit. Das Getriebe tut es ihm nach. Ein deutliches „Kalonk“ signalisiert, dass der erste Gang eingelegt ist. Danach verhalten sich Motor und Antriebsstrang aber höchst zivilisiert. Wer angesichts von 1,8 Litern Hubraum eine astronomische Leistung erwartet, sieht sich getäuscht. Genau 91 Pferde mobilisiert der Boxer, was für eine Höchstgeschwindigkeit von gut 180 km/h gut ist. Wahrscheinlich wäre mehr drin, aber die Elektronik sagt nein.

Fahrmodi & Ausstattung

Viel wichtiger als Höchstleistung und Höchstgeschwindigkeit sind Drehmoment und Durchzug. Wer über Land fährt, legt nach dem Anfahren den sechsten Gang ein und nimmt ihn erst an der nächsten Pause wieder raus. Drei Fahrmodi bietet BMW dem Fahrer an. „Rain“ eignet sich für das bezeichnete Wetter und entspannten Stadtverkehr, „Roll“ ist die Vernunftvariante und mit „Rock‘n Roll“ macht’s richtig Spaß. Die serienmäßige Marshall-Stereoanlage überträgt Musik aus dem Radio ebenso wie die Playlist aus dem eigenen Smartphone. Ohne Konnektivität lässt sich heute offenbar kein Motorrad mehr verkaufen. Die einschlägigen BMW-Apps sollte man sich unbedingt runterladen, denn nur so lässt sich navigieren. Die Route kann dann gut ablesbar auf dem riesigen TFT-Bildschirm abgelesen werden, den wir auch schon beim Tourer R 1250 RT gelobt hatten.

Den würden wir der Transcontinental weiterhin vorziehen, auch wenn letztere im Test keine Schwächen gezeigt hat. Zweifellos hat der Big-Boxer einen stärkeren Auftritt, doch den lässt er sich gut bezahlen. Schon der Grundpreis liegt bei rund 30.000 Euro. Und wer fleißig Kreuzchen in der langen Ausstattungsliste macht, treibt den Preis mühelos über 40.000 Euro. Das ist ein Haufen Holz. Und dass Harley und Indian in der gleichen Preisklasse unterwegs sind, macht die Sache nicht besser.

Rangieren mit dem Schwergewicht ist kein Kinderspiel. Zum Glück gibt’s einen Rückwärtsgang.
Foto: Martin Häussermann
Rangieren mit dem Schwergewicht ist kein Kinderspiel. Zum Glück gibt’s einen Rückwärtsgang.
Die kantige, rahmenfeste Verkleidung ist charakteristisch für die Road Glide.

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Und der Haifisch …

… der hat Zähne. Ziemlich kräftige sogar: Denn in der neuen Road Glide ST werkelt der Milwaukee-Eight-117, der stärkste Serienmotor, den Harley-Davidson in seiner 120-jährigen Geschichte je gebaut hat.

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