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Reifenindustrie

Pirellis Balanceakt

Die Kritik an den Formel 1-Pneus des italienischen Reifenausrüsters Pirelli hat ein Niveau erreicht, das auch Motorsportdirektor Paul Hembery nicht mehr egal sein kann. Bis zum Rennen in Kanada wollen die Italiener zumindest für die Trainingseinheiten veränderte Hinterreifen-Mischungen vorlegen. Eine Fortsetzung der Reifendiskussion könnte auch unter den Pirelli-Verantwortlichen in Mailand Zweifel an einer Fortsetzung der Ausrüsterschaft nähren.

Die Kritik an den Formel 1-Pneus des italienischen Reifenausrüsters Pirelli hat ein Niveau erreicht, das auch Motorsportdirektor Paul Hembery nicht mehr egal sein kann. Bis zum Rennen in Kanada wollen die Italiener zumindest für die Trainingseinheiten veränderte Hinterreifen-Mischungen vorlegen. Eine Fortsetzung der Reifendiskussion könnte auch unter den Pirelli-Verantwortlichen in Mailand Zweifel an einer Fortsetzung der Ausrüsterschaft nähren. 

Noch am Samstag nach dem Qualifying zum Grand Prix von Barcelona zeigte sich der Motorsportchef im Interview mit AutoRäderReifen-Gummibereifung standhaft, sah keine Notwendigkeit, Änderungen an den PZeros vorzunehmen. Nach dem Rennverlauf vom Sonntag mit durchschnittlich 4 Stopps sahen sich die Pirelli-Verantwortlichen aber zum Handeln gezwungen. Es hieß, man werde bis zum Rennen in Silverstone Modifikationen an den Hinterreifen-Mischungen vornehmen. Die Dominanz des Themas Reifen in der Königsklasse des Motorsports darf für die Reifen-Branche als positiv bezeichnet werden. Dem schwarzen Gold wird in keinem anderen Kontext eine derartig große Aufmerksamkeit geschenkt. Für Pirelli aber wird das Engagement in der Formel 1 immer mehr zum kniffligen Balanceakt.  

Bevor man tiefer ins Thema einsteigt, muss konstatiert werden: Pirelli hat in großen Teilen das gemacht, was von den Verantwortlichen der Formel 1 erwartet wird – der Reifenausrüster hat die Königsklasse spannender gemacht. Besonders die vergangene Saison darf hierfür als Beleg angeführt werden. Die Reifendiskussion in der Formel 1 beinhaltet viele Komponenten und Perspektiven. Sie ist vor allem aber eine rennphilosophische Frage: Wollen Fahrer, Piloten und Publikum Rennpurismus – also das konstante Fahren am Limit – damit aber auch bis zu einem gewissen Maß vorhersehbare Rennverläufe? Das Rennen von Barcelona darf als der Wendepunkt in der Diskussion gewertet werden. Paul Hembery hat eingestanden, dass der Bogen überspannt wurde. Der Auftrag lautete, Reifen zu liefern wie beim Grand Prix von Kanada im Jahr 2010 – zwei bis drei Reifenstopps sollten garantiert sein. In Barcelona war der Reifenverschleiß aber so groß, dass fast alle Teams viermal in die Box mussten, und neben dem notorischen Reifennörgler Sebastian Vettel selbst der Sieger Fernando Alonso konstatierte, es sei derzeit für die Zuschauer unmöglich, einem Rennen zu folgen. Auch unter vielen Journalisten zeichnet sich eine Überforderung ab. In Spanien wagte von den Experten kaum jemand eine Rennprognose. Sicher waren sich die Fachleute im Vorfeld nur, dass Mercedes trotz der Pole durchgereicht wird. Ansonsten, relative Ratlosigkeit und Bewunderung für den Reifenflüsterer Kimi Räikkönen, der mit nur drei Stopps aufs Treppchen fuhr.

Wie aber wirkt sich die Kritik, die bislang vornehmlich von Weltmeister Vettel in auffälliger Konsequenz wiederholt wurde, auf Pirellis Engagement in der Formel 1 aus? Das Ziel der Verantwortlichen in Mailand war, das Markenimage weiter zu fördern. Man darf davon ausgehen, dass der Großteil des Rennsport-Publikums einzuordnen weiß, dass ein Formel 1-Reifen nichts mit einem Reifen für den Ersatzmarkt zu tun hat. Eine nachhaltige Beschädigung des Markenimages und unmittelbar negative Auswirkungen auf das Geschäft im Konsumentenmarkt hat Pirelli folglich nicht wirklich zu befürchten. Dennoch haben die Pirelli-Verantwortlichen klare Erwartungen, was das Formel 1-Engagement für das Markenimage bringen soll. Im Interview mit AutoRäderReifen-Gummibereifung deutet Motorsportchef Paul Hembery an, dass aktuell sehr genau beobachtet wird, ob die gewünschten Effekte durch die Ausrüsterschaft realisiert werden. Bilder von herumfliegenden Lappen der Lauffläche und Naheinstellung einer extrem deformierten Lauffläche des Siegerautos dürften in der Pirelli-Zentrale sicher keine Jubelstürme auslösen. Die FIA hat einer grundlegenden Änderung an den Reifen einen Riegel vorgeschoben. Es wird also vermutlich nur Modifikationen an den Hinterreifen geben, um das sogenannte Delaminieren zu verhindern.

Es dürfte spannend zu beobachten sein, ob eine Fortsetzung der Reifendiskussion bei den Pirelli-Verantwortlichen die Lust an einer weiteren Beschäftigung in der Formel 1 fördert. Aktuell befindet sich der Reifenhersteller in Verhandlungen über eine Fortsetzung der Partnerschaft. Welche Faktoren für Pirelli entscheidend sind, erläutert Paul Hembery im Interview in der Juni-Ausgabe des Reifenfachmagazins AutoRäderReifen-Gummibereifung.

(kle)

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