Ohne "Bleiauswuchtgewichte" kann derzeit kein Fahrzeug sicher am Straßenverkehr teilnehmen. Mit den kleinen Bleistücken haben zwei Automobilkonzerne plötzlich große Schwierigkeiten. Der Grund: Die EU-Altautorichtlinie verbietet ab 1. Juli 2003 die Verwendung bleihaltiger Komponenten für Neuwagen. Dadurch gerät der Start des neuen Golf von Volkswagen und des Opel Astra in Gefahr.
Umfangreiche Testreihen mit alternativen Werkstoffen wie Zink oder Zinn seien bei geplanten Stückzahlen von 1,2 Millionen Neuwagen in der verbleibenden Zeit bis zur geplanten Markteinführung nicht machbar, heisst es in Insiderkreisen. Ein Brüsseler Branchenkenner spricht von einer "fatalen" Situation. Entweder verzichten VW und Opel auf umfangreiche Erprobungsreihen mit Substituten und riskieren Rückrufaktionen - oder aber EU-Recht müsse "bewusst verletzt werden". Eine Übergangsfrist von wenigen Monaten, so schreibt ACEA (Verband der europäischen Automobilindustrie), wäre genug für die serienreife Entwicklung umweltfreundlicher Auswuchtgewichte. Doch die komplizierten Mechanismen der europäischen Gesetzgebung lassen eine Gesetzesänderung in so kurzer Frist nicht zu. "Das ist schon aus Termingründen bis zum Sommer kaum machbar", heisst es aus der Umgebung vn EU-Umweltkommissarin Margot Wallström. Neben den formalen Hindernissen gibt es in Brüssel auch inhaltliche Vorbehalte gegen Sonderwünsche der Branche. ACEA hatte politischen Einigung auf die EU-Altautorichtlinie in 1999 nachträglich Zugeständnisse wie längere Übergangsfristen und pragmatische Schwellenwerte für giftige Substanzen erkämpft. Der Stichtag für das Aus von bleihaltigen Auswuchtgewichten sei zunächst sowohl von den Herstellern als auch von den Mitgliedsländern akzeptiert worden. Die jetzt vorgebrachten Schwierigkeiten kämen "unerwartet spät".
