Wer träumt nicht von sechs Richtigen? Beim Lotto sind die eher selten. Auf zwei Rädern eigentlich auch. Motorräder mit Sechszylindermotoren sind eher die Ausnahme als die Regel. Die Horex VR6 fällt uns da ein, die Honda Goldwing mit ihrem Sechszylinder-Boxer und eben BMW mit der K 1600, die wie die Pkw des Hauses mit einem Reihensechser aufwartet. Mit dem Update auf Euro 5 hat die Maschine auch gleich noch mehr Drehmoment und Ausstattung bekommen.
Die K 1600 GT gehört zwar nicht zu den Topsellern der Bayern, hat aber eine eingefleischte Fangemeinde. Schließlich ist die K 1600 ein rollender Kompetenzbeweis. Weshalb die Münchner Ingenieure die Modellreihe, bestehend aus dem von uns gefahrenen Sporttourer GT, der rollenden Reiselounge GTL sowie die beiden auf US-Geschmack getrimmten Bagger und Grand America, auch fit gemacht haben für die Abgasnorm Euro 5.
Das gelang mit Bravour. Das Drehmoment wuchs um fünf auf 180 Nm, die Höchstleistung blieb bei 160 PS, die jetzt schon bei 6750 Touren anliegen – 1000 Umdrehungen weniger als beim Vorgänger. Dazu wurde die komplette Motorsteuerung inklusive Klopfsensorik erneuert und auch ein neuer Krümmer konstruiert. Mit dem Ergebnis, dass der Sixpack noch mehr Druck im mittleren Drehzahlbereich entwickelt und auch schon von unten raus kräftig anschiebt. Wer nicht auf Sekundenjagd geht, kann auf der Landstraße eigentlich immer im sechsten Gang fahren. Und dann säuselt der Motor vor sich hin. Laut wird er nur kurz beim Starten oder wenn man ihm kräftig die Sporen gibt. Aber das braucht es eigentlich nicht. Dieses Motorrad animiert nicht zum Rasen, sondern zum Cruisen, wohlgemerkt zum flotten Cruisen. Dabei entwickelt die K 1600 GT sehr moderate Trinksitten. Wir kamen über 1400 Testkilometer auf einen Schnitt von 5,6 Litern auf 100 Kilometern. Das ist fast ein halber Liter weniger als wir bei der Vorgängerin ermittelt hatten.
Fahrkomfort und –dynamik sind vom Feinsten. Der sehr tief eingebaute Motor mit einer um 55 Grad nach vorne geneigten Zylinderbank und seine dahinter eingebauten Nebenaggregate, sorgen für einen tiefen Schwerpunkt. So wirkt das Motorrad trotz seines hohen Gewichts von fast sieben Zentnern sehr ausbalanciert. Auch Menschen mit kurzen Beinen kommen damit gut zurecht. Notfalls ließe sich – ohne Aufpreis – auch noch ein niedriger Fahrersitz mitbestellen. Das Fahrwerk mit Duolever-Vorderradführung und Alu-Einarmschwinge verfügt über elektronisch kontrollierte Feder- Dämpferelemente. Diese lassen sich an Beladung und Fahrerwunsch anpassen. Mit der Einstellung „Road“ wird die K zum fliegenden Teppich, mit „Dynamik“ zum stramm gefederten Sportler. Der serienmäßig montierte Bridgestone-Sporttourenreifen Battlax T30 F passt sich unaufgeregt und weitgehend neutral der gewählten Gangart an. Mit langem Radstand ist die K 1600 GT ein Muster an Spurtreue. Länge läuft eben. Erstaunlicherweise hindert die Länge aber auch nicht am flotten Kurvenfahren.
Ein klassisches Cockpit hat die BMW nicht mehr. Hinter der Verkleidung ist ein TFT-Display im iPad-Format montiert. Das zeigt nicht nur die üblichen Informationen an, sondern dient dank Splitfunktion auch als Navi. Es blendet die Informationen von Google-Maps ein, vorausgesetzt, man hat dies und die kostenlose BMW-App auf seinem Smartphone installiert. Schöne neue Welt. Als echten Fortschritt ist die Lichtanlage zu beurteilen, die dank LED-Technik noch bessere Ergebnisse liefert als die in der Vorgängerin montierten Xenon-Scheinwerfer. Dank Nickausgleich und Kurvenlicht ist die Straße auch bei Nacht stets bestens ausgeleuchtet. Unverzichtbar erscheint uns der Rückwärtsgang, der ein Rangieren des Trumms für Menschen ohne Bodybuilderqualitäten überhaupt erst möglich macht. Bei der Vorgängerin war dies ein 950 Euro teures Extra, inzwischen ist es erfreulicherweise Serie. Aber was reden wir vom Rückwärtsfahren, die K 1600 GT will vorwärts.
Für den Sechser von BMW braucht es zwar keinen Sechser im Lotto, aber ein mittlerer Gewinn erleichtert die Anschaffung schon. Edel und vollausgestattet repräsentiert unsere Testmaschine einen Gegenwert von mehr als 30.000 Euro. (mh/kle)