Mit neuen Ideen nach vorn: ContiTech hat eine Lösung für das so genannte "S-Schlag-Problem" bei Lenksystemen gefunden. In der neuen A-Klasse von Mercedes Benz kommt dieses patentierte Verfahren jetzt erstmals zum Einsatz. "Mit steigender Temperatur knicken Lenkungsbälge in Pkws aus, sie bekommen eine S-Form und können dabei durch Kontakt zu beweglichen Teilen der Lenkung ( z.B. der Spurstange) beschädigt werden", erläutert Frank Möllering, Leiter Marketing/Vertrieb des Segmentes Sealing Systems Chassis bei ContiTech Vibration Control.
In fast jedem Pkw ist heute eine Zahnstangenlenkung installiert. Ihre empfindlichen Bauteile werden durch Faltenbälge aus TPE vor Feuchtigkeit und Schmutz geschützt. Diese Bälge müssen nicht nur die mechanischen Anforderungen (rund einen Million Lastwechsel), sondern auch extreme Temperaturen aushalten. Im Bereich der Lenkung entstehen Temperaturen von minus 40 bis zu 150 Grad Celsius. Bei ansteigender Hitze steigt der Luftdruck im Lenkungssystem. Der Druck auf den elastischen Lenkungsbalg führt dabei zu einem seitlichen Ausweichen im Faltenbereich. Da er an den Bundbereichen fixiert ist, kann es so zu Kontakt mit beweglichen Bauteilen der Lenkung kommen. Daraus eventuell resultierende Beschädigungen sind bei diesem Sicherheitsteil sehr kritisch. ContiTech hat hier eine Möglichkeit gefunden, den Überdruck gar nicht erst entstehen zu lassen: "Die Ursache und Wirkung konnte zunächst ganz einfach durch ein winziges Loch nachgestellt werden", erinnert sich Charl Liebich, Produktentwickler am ContiTech-Standort Dannenberg, an die ersten Untersuchungen.
"Das war aber nur der Nachweis, dass die Verformung mit dem temperaturbedingten Druckanstieg im dichten Lenksystem zusammenhing. Ein einfaches Loch hätte allerdings zur Folge gehabt, dass Feuchtigkeit und Schmutz in die Lenkung geraten, wenn die Temperaturen wieder abkühlen und im Inneren ein Unterdruck entsteht." Liebichs Idee: Bei der Herstellung des Faltenbalges wird innerhalb der Fertigungseinheit ein zusätzliches Druckausgleichselement in die Wandung eingebracht. Es beinhaltet eine Membrane, die luft-, aber nicht feuchtigkeitsdurchlässig und schmutzresistent ist. Durch die Membrane findet ein laufender Druckausgleich zwischen dem Inneren des Lenkungsbalges und der Umgebung statt. Ähnliche atmungsaktive Stoffe werden auch im Bereich von Freizeitbekleidung eingesetzt. Messungen haben ergeben, dass bei einer Größe von nur einem Quadratzentimeter über 12 ml Luft pro Minute ausgetauscht werden können. "Das reicht aus, um bei Temperaturschwankungen für den ursächlichen Druckausgleich zu sorgen", betont Liebich. Insgesamt müssen etwa 30 ml ausgetauscht werden. Bälge mit solch einem Druckausgleichselement sind bis zu 0,6 bar feuchtigkeitsdicht. So wird die Verformung und Beschädigung der Bälge vermieden und damit die Sicherheit des Lenksystems auch bei hohen Temperaturen gewährleistet.