Das Portal "Gripgate" probiert Anfang 2014 mit im Idealfall sehr vielen im BRV organisierten Reifenfachhändlern einen "Neustart". Die geballte Kompetenz des Reifenfachhandels soll nun auch Online seine volle Entfaltung finden. Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. sieht sich laut dem Vorsitzenden Peter Hülzer als Moderator - der Branchenverband hatte das Projekt "Branchenportal" den Mitgliedsbetrieben in einem Handelsmeeting Ende September präsentiert. Die Redaktion sprach mit dem BRV-Vorsitzenden über die Idee eines "Branchenportals" und darüber, ob die Unterstützung des Reifenfachhandels seitens der Reifenindustrie nur „Lippenbekenntnisse“ sind.
Der BRV als Moderator – Gripgate als zentrales Onlineportal der im BRV organisierten Reifenfachhändler. Seit wann existiert die Idee?
Bereits im Jahr 2008 wurde der Ruf einiger größerer Reifenfachhändler und Kooperationsgeschäftsführer laut, eine B2C-Politik des Reifenfachhandels zu formulieren, die weniger preisorientiert als herkömmliche Portale ist und dafür die überzeugende Service- und Beratungsqualität des Handels in den Verbraucherfokus rückt. Es haben sich dann einige qualifizierte Reifenfachhändler mit Unterstützung von zwei Premiumreifenherstellern an die Arbeit gemacht und das B2C-Portal „Gripgate“ gegründet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten nahm Gripgate dann in 2012 Fahrt auf und verzeichnet eine positive Entwicklung.
Die Idee, Gripgate zum Branchenportal des Reifenfachhandels weiterzuentwickeln, entstand dann zu Beginn des Jahres 2013. Der BRV übernahm die Funktion des Moderators, um allen Branchenbeteiligten angesichts des steigenden B2C-Distributionsanteils die Notwendigkeit, dringend eine eigene B2C-Politik zu formulieren, nahe zu bringen. Diese Politik muss sich daran orientieren, dass wir uns nicht in irgendwelchen meist von Branchenfremden betriebenen Portalen als Montagepartner listen lassen. In solchen Portalen ist eine Profilierung als qualifizierter Servicepartner kaum möglich. Wir gehen im Nirwana der schier unglaublichen Zahl von gelisteten Hinterhofwerkstätten unter. Hinzu kommt, dass hier die Möglichkeit des betriebswirtschaftlich sinnvollen Handelns nicht gewährt wird und Produkt- und Dienstleistungspreise von Portalbetreibern häufig vorgeschrieben werden. Das Branchenportal „Gripgate“ soll eine „B2C-Branchenlösung der Qualifizierten“ darstellen.
Ausdrücklich betonen möchte ich, dass mit der Moderatorenfunktion des BRV keine kapitalmäßige Beteiligung des Verbandes an Gripgate verbunden ist.
Online wächst, das hat wohl auch der letzte Branchenakteur verstanden. Ein sicherheitsrelevantes Produkt wie der Reifen kann aber ohne die fachkundige Montage überhaupt nicht genutzt werden. Wie kann der Reifenfachhandel trotz wachsendem Online-Verkauf und Margendruck auch in Zukunft partizipieren?
Die im Frühjahr vorgelegte BRV-Studie „Reifenfachhandel 2020 - Zukünftige Entwicklungstendenzen und strategische Handlungsoptionen“ hat eindeutig belegt, dass der ganz überwiegende Teil der Verbraucher, die Reifen online gekauft haben, diese bei freien Werkstätten montieren lassen und nicht bei den Experten des Reifenfachhandels. Diese Entwicklung muss umgekehrt werden. Wir - der Reifenfachhandel - müssen den Verbraucher dort abholen, wo er glaubt, seinen Reifenbedarf decken zu müssen. Durch eine überzeugende technische Leistungserbringung und exzellente Service- und Beratungsqualität müssen wir den Verbraucher, der dem stationären Handel beim Produkterwerb untreu geworden ist, beweisen, dass er bei uns, den Experten, sehr gut aufgehoben ist. Durch die oben beschriebene Leistungserbringung muss es uns dann gelingen, ihn, auch für Kfz-Servicearbeiten, dauerhaft an uns zu binden. Eine Verweigerungshaltung diesen Kunden gegenüber entledigt uns der Chance, zu diesen reinen „Montagekunden“ einen dauerhaften Kontakt aufzubauen und zu pflegen. Gripgate soll dem Online-Kunden signalisieren: Hier bist du bei den Experten, die bei wettbewerbsfähigen Preisen ihrer Verantwortung für die Sicherheit des Automobilisten voll umfänglich gerecht werden und nicht in einem Portal mit zweifelhaften Hinterhofwerkstätten.
Gripgate wird sicherlich nur dann eine durchschlagende Wirkung beim Verbraucher erzielen, wenn nicht nur der im BRV organisierte Reifenfachhandel die Idee mitträgt, sondern auch die Hersteller ihren insbesondere finanziellen Beitrag für z.B. Marketingaktivitäten leisten. Wie stehen die diesbezüglichen Chancen?
Den wichtigsten im deutschen Reifenersatzmarkt tätigen Reifenherstellern wurde das Gripgate-Konzept vorgestellt und um eine finanzielle und ideelle Unterstützung gebeten. Die Resonanz war bis auf ganz wenige, zu vernachlässigende Reaktionen durchaus positiv. Bis Anfang Dezember wird man sich seitens der angesprochenen Hersteller äußern. Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo deutlich werden wird, wie es die Reifenindustrie mit ihrem Bekenntnis zum Reifenfachhandel hält. Wird man den Reifenfachhandel, der nach wie vor Distributionskanal Nr. 1 für Reifen und Räder ist, dabei unterstützen, das Thema „B2C“ aktiv anzugehen und verlorengegangenes Terrain zurückzuerobern? Oder waren die Bekenntnisse in der Vergangenheit nur „Lippenbekenntnisse“, denen keine Taten folgten? Wer sich auf Industrieseite jetzt dem Projekt „Branchenportal Gripgate“ verweigert, wer jetzt fadenscheinige Gründe für eine Nichtbeteiligung ins Feld führt, dessen Bekenntnis kann man zukünftig getrost vergessen.
Lesen Sie weitere Details zum Projekt "Branchenportal Gripgate" im IT-Spezial der Dezember-Ausgabe des Reifenfachmagazins AutoRäderReifen-Gummibereifung.
(kle)
