Immer mehr Autofahrer:innen (in Deutschland und weltweit) müssen Kompromisse eingehen, um ein Fahrzeug anzuschaffen und zu unterhalten. Die Studie Automobilbarometer 2023 „Cars: Whatever it takes?“ von BNP Paribas Consors Finanz zeigt die Auswirkungen eines deutlich steigenden Kostendrucks für Verbraucher:innen. In Deutschland sind die Neuwagenpreise laut Deutsche Automobil Treuhand (DAT) in den vergangenen letzten zehn Jahren um knapp 60 Prozent gestiegen und damit deutlich stärker als das Haushaltsbruttoeinkommen. Bereits 42 Prozent der Befragten weltweit und 35 Prozent der Deutschen haben inzwischen den Eindruck, dass es für sie finanziell schwieriger ist, ein Auto zu besitzen, als es das in der Vergangenheit für ihre Eltern war. 60 beziehungsweise 50 Prozent (weltweit/Deutschland) sind längst dazu übergangen, ihre Kosten über konkrete Sparmaßnahmen selbst zu reduzieren.
Der größte Kostentreiber ist mit Abstand der Kraftstoff. Hier lautet die einfachste Lösung: weniger fahren. 58 Prozent der weltweit befragten Autofahrer:innen und 45 Prozent der Deutschen haben aus finanziellen Gründen schon einmal auf eine Reise verzichtet. 54 Prozent (Deutschland: 51 Prozent) verringern auch im Alltag die Anzahl ihrer Autofahrten. Die Kraftstoffpreise regelmäßig zu vergleichen (46/45 Prozent weltweit/Deutschland) und spritsparend zu fahren (44/45 Prozent) sind ebenfalls verbreitete Sparmaßnahmen.
Auch Reparaturen und Versicherungen stehen auf dem Prüfstand. So geben 41 Prozent der weltweit und 43 Prozent der in Deutschland Befragten an, ihr Auto lieber zu einer freien Werkstatt als zum Händler zu geben. 30 bzw. 28 Prozent fragen Freund:innen oder greifen sogar selbst zum Werkzeug.
Autobesitz bedeutet Verzicht
Inzwischen sagen weltweit bereits sieben von zehn Autofahrer:innen, dass der Besitz eines Autos mit finanziellen Opfern verbunden ist (Deutschland: 61 Prozent). Mehr noch: Rund 60 Prozent befürchten, dass sie sich ein Auto in Zukunft nicht mehr leisten können (Deutschland: 61 Prozent). Das wiegt umso schwerer, da nach wie vor 72/69 Prozent der Autofahrer:innen (weltweit/Deutschland) behaupten, dass sie ohne ihr Fahrzeug nicht leben können. 58 Prozent fürchten um ihre Bewegungsfreiheit, 47 Prozent um den Reisekomfort. Regelrecht wirtschaftliche Probleme bekommen insbesondere Leute, die in ländlichen Regionen wohnen. Hier nutzen nach wie vor 56 Prozent der Befragten das Auto, um zur Arbeit zu kommen. In Deutschland sind es sogar 65 Prozent.
Steigender Kostendruck
Diese finanzielle Entwicklung hat nach den Ergebnissen der Umfrage sowohl ökonomische, ökologische als auch soziale Effekte. Autofahrer:innen sind vermehrt gezwungen zu sparen. 60 Prozent der Befragten weltweit und 50 Prozent der Deutschen ergreifen inzwischen eigene Maßnahmen, um die Kosten für ihr Auto zu reduzieren.
Die Soft-Mobility gerät zugleich stärker ins Visier der Autofahrer:innen. Mehr als vier von zehn Deutschen, weltweit sogar beinahe die Hälfte nutzen öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad oder E-Roller inzwischen für tägliche Fahrten. Die soziale Spaltung wird beim Thema Autobesitz immer spürbarer. Verbraucher:innen erwarten, dass Politik und Industrie gegensteuern, indem sie etwa die Kraftstoffpreise reduzieren (52 Prozent) oder sparsamere Fahrzeuge entwickeln (64 Prozent).
Autoverzicht ist kein Tabu mehr
Inzwischen ist zugleich nicht mehr jeder dazu bereit, alles zu tun, um ein Auto zu besitzen. Sogar ein fahrzeugloses Dasein rückt bei einigen in den Bereich des Möglichen. Bei denjenigen, die ihren Wagen inzwischen abgeschafft haben, waren mehrheitlich die Kosten der Hauptgrund (60/51 Prozent weltweit/Deutschland). 23 Prozent weltweit und 29 Prozent der Deutschen brauchten das Fahrzeug nicht mehr, weil der öffentliche Nahverkehr ausreicht. Auch die notwendige Anzahl an Fahrzeugen in einer Familie wird mehr und mehr hinterfragt: Weltweit haben bereits 26 Prozent der Haushalte ihren Fuhrpark reduziert (Deutschland 23 Prozent). 24 Prozent denken darüber nach (weltweit und in Deutschland).
Die junge Generation ist eher bereit als die ältere, das Auto von vornherein auf die Streichliste zu setzen. Rund ein Drittel der unter 35-Jährigen wären bereit, auf das Fahrzeug zu verzichten verglichen mit nur jedem Vierten der über 35-Jährigen. In Deutschland zeigt sogar fast die Hälfte der jüngeren Generation kein Interesse am Besitz eines Autos. 25 Prozent sind es bei den über 35-Jährigen. Das Durchschnittsalter der Neuwagenkäufer:innen ist inzwischen in Deutschland bereits auf 52 Jahre gestiegen.
Erschwingliche E-Mobilität
Die Ergebnisse des Automobilbarometers zeigen, dass der Automobilsektor vor großen Veränderungen steht. Die Kund:innen sind nicht mehr bereit oder in der Lage, alles für das Auto zu tun – vor allem nicht mehr um jeden Preis. „Hier wird die Transformation zur E-Mobilität eine zentrale Rolle spielen“, so Bernd Brauer, Head of Automotive Financial Services. „Entscheidend wird sein, ob es Industrie und Handel gelingt, künftig günstigere E-Autos auf den Markt und zu den Kund:innen zu bringen. Zugleich muss die Infrastruktur weiter ausgebaut werden.“ Brauer zeigt sich optimistisch: „Je mehr sich die Technologie etabliert, desto mehr Modellreihen werden Hersteller elektrifizieren und diese in Masse produzieren. Dadurch steigt auch der Wettbewerb unter den Autobauern. E-Mobilität wird damit erschwinglicher werden.“ Was kleine Modelle angeht, machen es insbesondere asiatische Produzenten bereits vor. „Händler sind in diesem Kontext gut beraten, wenn sie die Entwicklung gut im Blick haben und ihren Kund:innen ein möglichst großes Portfolio präsentieren können“, so Brauer.