Die globale Unternehmensberatung Simon-Kucher hat in ihrer Frühjahrs-Studie Unsicherheit unter den Automobilkunden festgestellt. Befragt wurden mehr als 8.235 Privatkunden und –kundinnen in Europa, Amerika und Asien – darunter 1.006 aus Deutschland. Im Ergebnis geben etwa 49 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass sie planen, ihr aktuelles Auto länger zu fahren. Neukäufe werden somit zurückgestellt. Im Zusammenhang hiermit könnten die ständigen Preisänderungen stehen. Laut Simon-Kucher lag das durchschnittliche Budget für einen Neuwagenkauf in Deutschland für das Jahr 2022 noch bei 34.200 Euro. In diesem Jahr müssen Kunden etwas tiefer in die Tasche greifen und etwa 38.900 Euro ausgeben. Kunden mit konkreter Kaufabsicht gehen zum Teil von einem 15-prozentigen Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr aus. Bei den Leasingraten zeichnet sich wohl ein ähnlicher Preisanstieg ab.
Die Preisschwankungen werden von den Kunden auf verschiedene Art bewertet. Laut Studie empfinden etwa 40 Prozent der deutschen Kunden diese als unfair. 52 Prozent hingegen wittern darin ihre Chance, ein besseres Angebot erhalten zu können. „Kunden rechnen mit gestiegenen und weiter steigenden Preisen, gleichzeitig zeigt sich eine Zurückhaltung beim Kauf“, sagt Martin Gehring, Senior Partner und Head of Automotive bei Simon-Kucher. „Hersteller und Händler müssen die weiterhin kaufbereiten Kundensegmente gezielt ansprechen und gleichzeitig flexibel Nachfrage und Rabatte ausbalancieren.“
Abonnieren statt kaufen
Das Auto-Abonnement stellt eine Alternative zum Kauf dar und erfreut sich seit längerem an Beliebtheit. Mit 46 Prozent bleibt das Interesse an diesem Modell laut der Studie weiterhin hoch. Insbesondere den kostenlosen Service und die Wartung nennen 44 Prozent der Befragten auf die Frage, warum sie sich für ein Auto-Abo entscheiden. Ebenfalls 44 Prozent geben die Flexibilität bei der Laufzeit an. „In wirtschaftlich unsicheren Zeiten scheint für viele Kunden ein Auto-Abo mit kurzer Laufzeit die kalkulierbarste Alternative zu sein“, erklärt Matthias Riemer, Partner und Automobilexperte bei Simon-Kucher. Dennoch sollen die Vorteile eines Auto-Abos nicht zu einer deutlich höheren Zahlungsbereitschaft im Vergleich zum Kauf oder Leasing führen.
Die Frage nach der E-Mobilität
Die Studie von Simon-Kucher hat auch beim Thema E-Mobilität nachgehakt. Mit 89 Prozent Kaufinteresse an Elektrofahrzeugen nimmt China dabei die Pole-Position ein. Dahinter folgt Norwegen. Hier ist die Nachfrage nach Stromern von 68 auf 74 Prozent gestiegen. Martin Gehring präsentiert für die Bundesrepublik aber ein eher ernüchterndes Bild: „Nachdem das Interesse in den letzten Jahren stark gestiegen ist, zeichnet sich in Deutschland derzeit ein Stillstand bei etwa 53 Prozent ab. Jetzt kommt es auf die richtigen Fahrzeuge, eine funktionierende Infrastruktur und moderate Strompreise an.“
Dabei haben deutsche Automarken laut der Studie in vielen Ländern noch Bedeutung und stellen weiterhin die erste Wahl beim Autokauf dar. Jedoch wandelt sich dieses Bild momentan vor allem in China: 85 Prozent der Befragten in China würden den Kauf eines deutschen Autos erwägen, 84 Prozent interessieren sich aber auch für das lokale Angebot und würden ein chinesisches Fahrzeug kaufen. In Deutschland hingegen erfreuen sich die chinesischen Produkte mit nur 18 Prozent nicht so großer Beliebtheit. Geht es allerdings um Elektrofahrzeuge, sind etwa 26 Prozent offen für den Kauf einer chinesischen Marke.
Auswirkungen in der Automobilbranche
Die Veränderungen des Kaufinteresses und der Preisanstiege spiegeln sich auch im Reifenhandel und Werkstattservice wider: So bedeutet ein geringerer Absatz im Neuwagengeschäft, dass weniger Reifen als Erstausrüstung benötigt werden. Hierdurch wiederum sinkt der Ersatzbedarf im freien Reifenmarkt. Wenn höhere Neuwagenpreise zu einem sinkenden Autokauf führen, fahren die Menschen jedoch ihre aktuellen Fahrzeuge länger. Das kann dann wieder bedeuten, dass mehr Verschleiß anfällt, den es zu reparieren gilt. Auch steigt gegebenenfalls der Bedarf am Reifenersatz.