Im Reifenersatzgeschäft haben diverse Faktoren für einen rückläufigen Umfang der Industrielieferungen an den Handel geführt.
Foto: Kay Lehmkuhl
Im Reifenersatzgeschäft haben diverse Faktoren für einen rückläufigen Umfang der Industrielieferungen an den Handel geführt.

Reifenindustrie

Rückläufige Industrielieferungen an Distributionslandschaft

Die deutsche Kautschukindustrie ächzt unter den Belastungen steigender Rohstoff- und Personalkosten sowie der Inflation, die auf die Kaufbereitschaft der Endverbraucher drückt. Der wdk Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V. macht sich Sorgen um den Standort Deutschland.

Laut dem Industrieverband war das alles beherrschende Thema des vergangenen Jahres für die Unternehmen der deutschen Kautschukindustrie die Entwicklung der Kosten. Aus Mangellagen entstanden nach Angaben des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie exorbitant steigende Kosten für Rohstoffe, Energie und Logistik. Ursächlich hierfür waren laut wdk multiple externe Schocks wie die Corona-Lockdowns, der Ukraine-Krieg, die Chip-Krise sowie Naturkatastrophen, die zu logistischen Beeinträchtigungen und oder Produktionsausfällen in der vorgelagerten Prozesskette führten. Zum Jahreswechsel seien Verteuerungen durch einen schwachen Euro in Relation zum US-Dollar dazugekommen. „Zu erwarten sind inflationsbedingt noch starke Personalkostensteigerungen. Diese vielfältigen und deutlichen Kostensteigerungen konnten von den Unternehmen der deutschen Kautschukindustrie im vergangenen Jahr nur bedingt durch Umsatzausweitungen kompensiert werden. Deshalb wirkte sich dieses Ungleichgewicht negativ auf die Erträge der Unternehmen aus“, erläutert wdk-Chefvolkswirt Michael Berthel.

Die Kostensteigerungen bei Rohstoffen lagen nach Angaben des Branchenverbandes im Jahr 2022 durchweg im hohen zweistelligen Prozentbereich. Im Jahresdurchschnitt waren im Vorjahresvergleich in der Spitze knapp 70 Prozent Preissteigerung bei Silikonkautschuk oder fast 65 Prozent bei Ruß zu verzeichnen, so der wdk. Als fast „moderat“ bezeichnet der Verband die 15-50 Prozent Preissteigerung bei den wichtigsten Synthesekautschuken und bei Chemikalien. Der Strompreis habe sich genauso wie der Gaspreis für die Kautschukverarbeitung mehr als verdoppelt. Dagegen stehe für die Branche insgesamt nur ein Umsatzplus von 4,5 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Bis 2019 lag der Branchenumsatz beständig im Bereich von 11 Milliarden Euro.

„Das Geschäftsumfeld der deutschen Kautschukindustrie hat sich im Vergleich zum Vorjahr im Jahr 2022 im Industriegeschäft zwar gebessert, die Umfänge waren aber im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit weiterhin auf eher niedrigem Niveau. Diese Entwicklung lässt sich nicht am Umsatz ablesen, der Mengenausstoß verdeutlicht die moderate Geschäftsentwicklung . Der Absatz konnte nur um knapp 2,5 Prozent gesteigert werden. Die skizzierten Hemmnisse standen einem kräftigen Aufschwung im Weg, obwohl der Auftragseingang in einigen Branchenbereichen hoch war“, so Bertel. Davon profitierten die Unternehmen zum Jahresbeginn 2023. Dieser sei von einer nachlassenden Nachfrage gekennzeichnet. Die Auftragsbestände sicherten aktuell die Auslastung.

Die Geschäftsentwicklung in der deutschen Kautschukindustrie bezeichnet der wdk 2022 als heterogen. Wichtigste Abnehmerbranche von Kautschukprodukten ist die Automobilindustrie. Im Winterhalbjahr 2021/2022 war hier wegen Halbleitermangel und Engpässen bei Kabelbäumen aus der Ukraine die Produktion deutlich eingebremst worden. Der Branchenverband führt in einer Mitteilung aus: „Erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 setzte eine Besserung ein, die zu im Vorjahresvergleich deutlichen Zuwächsen, im langjährigen Vergleich allerdings weiterhin eher niedrigen Produktionsumfängen führte. Das non-automotive Industriegeschäft lief zufriedenstellend, Einschränkungen lagen hier weiterhin eher auf der Produktionsseite. Wichtig für die deutsche Kautschukindustrie ist auch die Branchenlage in der Bauwirtschaft. Hier mehrten sich zum Jahresende 2022 rezessive Geschäftsentwicklungen. Das verbleibende Segment des Absatzes von Verbraucherprodukten hat durch die kontinuierlich steigende Inflation im Jahresverlauf spürbar an Schwung verloren.“

Im Reifenersatzgeschäft haben laut dem wdk-Chefvolkswirt diverse Einflussfaktoren für einen rückläufigen Umfang der Industrielieferungen an die Distributionslandschaft geführt. „Die Mobilität ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit niedriger, die Inflation drückt die Kaufbereitschaft der Endverbraucher, der internationale Konkurrenzdruck ist aufgrund abnehmender nationaler Wettbewerbsfähigkeit enorm und die Witterung in der Winterreifensaison war dem Geschäft wenig zuträglich.“ Die Entwicklung der Stückzahlen 2022 hinkte laut Bertel spürbar hinter der des auch schon schwachen Jahres 2021 hinterher. Diese Gemengelage belaste die Kapazitätsauslastung der Reifenproduktion in Deutschland. Die Aussichten für 2023 seien ungewiss. Immer noch belasten nach wdk-Ansicht viele produktionsseitige Hemmnisse die Unternehmen der Branche. Die Kosten seien weiterhin sehr hoch. Dazu kämen Fragezeichen bei der Geschäftsentwicklung. Die größte Sorge der Branche gelte aktuell dem Standort Deutschland. Die Wettbewerbsposition hat sich laut den wdk-Verantwortlichen im internationalen Vergleich verschlechtert. Das betreffe die preisliche Konkurrenzsituation, liegt aber auch an hohen Arbeitskosten, einer nicht geringen Unternehmensbesteuerung und –spezifisch für die Kautschukindustrie – an den europäischen Gesetzesvorhaben im Rahmen des „Green Deal“. Die in diesem Kontext bestehenden und anstehenden Innovationsanforderungen könnten von der an sich standorttreuen und bei Forschung und Entwicklung starken Branche nicht getragen werden – der wdk befürchtet gar einen Exodus.

Dennoch prognostiziert der Branchenverband, dass der Branchenumsatz 2023 um etwa 2 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro steigt. Damit läge die Branche immer noch deutlich unter alten Marken. Zudem bedeute Umsatzwachstum nicht zwangsläufig eine Verbesserung der Ertragslage. Dem stünden weitere Preissteigerungen in den Lieferketten entgegen. (kle)

Im Reifenersatzgeschäft gab es 2021 zwar eine Erhöhung der Um- und Absätze gegenüber 2020, das Volumen der Vorjahre bis 2019 wurde aber deutlich verfehlt.

Industrie

Eine Milliarde Euro weniger Branchenumsatz als vor der Pandemie

Der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V. bilanziert ein „ungewöhnliches Jahr“ 2021. Der Lockdown großer Teile der Industrie sei einfacher zu realisieren gewesen, als der schnelle Wiederanlauf. Das größte Problem für die Kautschukindustrie waren Engpässe und Hindernisse bei der Materialbeschaffung.

    • Industrie, Markt
Reifenwerk_GUB..jpeg

Industrie

Kautschukindustrie: Versorgungslage bleibt angespannt

Nach Angaben des Wirtschaftsverbandes der deutschen Kautschukindustrie e.V. (wdk) konnten deutsche Akteure im 1. Halbjahr 2021 den seit Mitte vergangenen Jahres eingeleiteten Erholungsprozess fortsetzen. Das hohe Preisniveau aufgrund von Rohstoffen und Logistikdienstleistungen drücke allerdings auf die Nachfrage, die Versorgungssituation bleibe angespannt.

    • Industrie, Markt
Eine uneinheitliche und volatile Entwicklung stand im Zentrum der diesjährigen wdk-Herbsttagung.

Industrie

„Zeitenwende“ in Kautschukindustrie

Im Zentrum der diesjährigen wdk-Herbsttagung standen steigende Rohstoff- und Energiepreise, Liquiditätsprobleme in der Automobilzulieferung und die zunehmende Regulierung.

    • Industrie, Automotive
Delticom_lager.jpeg

Handel

Delticom-Management sieht „Turnaround geschafft“

Delticom verzeichnet im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang von 13,5 Prozent. Das Konzernergebnis fällt mit 6,9 Mio. € bzw. 0,55 € je Aktie im Vorjahresvergleich aber deutlich höher aus (2019: –40,8 Mio. € bzw. –3,27 € je Aktie). Das Delticom-Management sieht den „Turnaround geschafft“.

    • Handel, Großhandel, IT/Online