Beim Rückblick auf 2022 ist an erster Stelle sicherlich der russische Angriffskrieg in der Ukraine zu nennen, der das Jahr entscheidend geprägt hat. Die direkten und indirekten Folgen davon haben auch in unserer Berichterstattung einen wesentlichen Platz eingenommen. Wir haben über gestörte Lieferketten, drastische Verteuerungen einzelner Rohstoffe sowie die komplette Aufgabe des Russland-Geschäfts diverser Industrie-Akteure geschrieben. Auch über Hilfsaktionen einzelner Branchenteilnehmer haben wir berichtet.
In Verbindung mit dem Ukraine-Krieg haben sich auch die Strom- und Energiepreise weiter erhöht – eine Entwicklung, die sich ungeachtet der beschlossenen Entlastungsprogramme weiter fortsetzen dürfte. Für Unternehmen wie auch für Privatleute werden die Energiekosten zunehmend zum Problem.
Angesichts dieses Jahresverlaufes mag es überraschen, dass es nach BRV-Angaben „der überwiegende Teil unserer Branche geschafft hat, trotz rückläufiger Sell-Out Zahlen keine Verschlechterung der betriebswirtschaftlichen Ergebnisse verbuchen zu müssen, sondern eher eine tendenzielle Verbesserung erreichen konnte“. Entscheidend dazu beigetragen haben eine „konsequentere Weitergabe der Produktpreiserhöhungen“ nebst der „lang fälligen Anpassung der Dienstleistungspreise.“ Der Erfolg der Branche wird auf jeden Fall von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abhängen. Die Entwicklung in der Fahrzeugindustrie wird auch im nächsten Jahr ein entscheidender wirtschaftlicher Faktor werden. Bezahlbare Neufahrzeuge bei Verbrennern und vor allem auch bei E-Fahrzeugen werden die Absatzzahlen in der Reifenbranche beeinflussen. Zahlreiche Wirtschaftsinstitute sehen eine Abschwächung der Inflation, was sich wahrscheinlich positiv auf die privaten Konsumausgaben auswirken wird. Der Reifenfachhandel muss sein Dienstleistungsportfolio weiter ausbauen, um auch in Zukunft als Ansprechpartner für die Mobilitätssicherung beim privaten und gewerblichen Endkunden überzeugen zu können.
Im Großhandelsbereich erleben wir in eine weitere Konzentration. Der Großhändler Gewe wird zum Jahresstart 2023 Teil der Pneuhage-Gruppe. Pneuhage führt ja seit 2022 auch Reifen Center Wolf weiter, unter dem etablierten Markennamen und mit dessen bestehendem Team und Geschäftsmodell. Aus Reifen Gundlach wurde Best4Tires – mit dem Fokus auf eine stärkere Internationalisierung des Geschäfts, wie es hieß. Ob sich für das kommende Jahr weitere Umfirmierungen, Geschäftsübergaben oder Übernahmen im Großhandel ankündigen, beobachten wir aufmerksam. Im Markt kursiert eine Vielzahl an Informationen diesbezüglich.
Und auch die Transformation der Reifenbranche im technischen Bereich thematisierten wie in diesem Jahr ausgiebig. Die zunehmende Vernetzung, die starke Gewichtung auf Nachhaltigkeitsaspekte und das Thema Elektromobilität werden für uns als Fachredaktion immer wichtiger. Exemplarisch sei hier unser Artikel zum Schwächepotenzial in Nasshaftungsdisziplinen von Reifenspezifikationen für Elektrofahrzeuge genannt. Der Anteil von Elektro-Pkw an den Gesamtzulassungen hierzulande steigt in jedem Fall rapide – die Elektromobilität eröffnet unserer Branche neue Möglichkeiten.
Ein Highlight des Jahres war für weite Teile der Branche sicherlich die Durchführung der The Tire Cologne, die endlich wieder in Präsenz möglich war. Aussteller- und Besucherseitig sicherlich noch nicht auf dem gewünschten Niveau, darf die Rückkehr in den Live-Modus doch zumindest gefühlsmäßig als gelungen bezeichnet werden. Zumal die Zurückhaltung seitens der Besucher auch auf anderen Events offenbar wurde und sich somit als eines der zentralen zukünftigen Handlungsfelder für Messe-Veranstalter herauskristallisiert hat. Man darf gespannt sein, mit welchen Ideen und Ansätzen die Verantwortlichen aufwarten, um ihre Messe-Formate weiterzuentwickeln. Helfen dürfte auf jeden Fall die gewohnte Ordnung im Messe-Kalender, wie sie etwa die Autopromotec und die Automechanika auf den Weg gebracht haben. Die nächste Ausgabe der The Tire Cologne findet im Jahr 2024 statt und fällt mit dem 100-jährigen Jubiläum von AutoRäderReifen-Gummibereifung zusammen – für uns also auf jeden Fall ein spannendes Jahr.
Doch zunächst erwartet uns alle das Jahr 2023, für das eine verlässliche Vorausschau schwierig ist. Herausforderungen gibt es wohl auch im nächsten Jahr zuhauf: weiter steigende Kosten und die schwierige Suche nach Fachkräften sind nur zwei von vielen Faktoren, die eine verlässliche und längerfristige Planung deutlich erschweren. Wir als Redaktion begleiten die Entwicklungen in der Reifenbranche auf jeden Fall wie gewohnt und informieren Sie auf unseren Print- und Onlinekanälen sowie auf Social Media schnell und ausführlich.
Bis zum 2. Januar steht nun aber auch für die Redaktion erst einmal eine Pause an. Bis dahin bedanken wir uns bei Ihnen für Ihre Treue, wünschen Ihnen und Ihren Familien frohe und hoffentlich entspannte Feiertage, Gesundheit und einen guten Start ins neue Jahr! (dw/kle/oth)