Was ist beim Aufbereiten von Leichtmetallrädern zu beachten? Eine offizielle Richtlinie soll jetzt für mehr Klarheit sorgen.
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Was ist beim Aufbereiten von Leichtmetallrädern zu beachten? Eine offizielle Richtlinie soll jetzt für mehr Klarheit sorgen.

Richtlinie soll Klarheit schaffen

Leitplanken für Felgendoktoren

Der kosmetischen Aufbereitung von Alurädern sind Grenzen gesetzt. Bisher hatte die Regelung eher empfehlenden Charakter. Eine offizielle Richtlinie verringert jetzt den Interpretationsspielraum.

Eine lästige Angelegenheit für Autofahrer sind Kratzer am Leichtmetallrad – schnell passiert, aber kompliziert auszubessern. Eine Ursache ist laut Stefan Dittmar auch der Trend zum aerodynamischen Design bei Rad-Reifen-Kombinationen: „Wenn Reifen und Felge zur Seite hin bündig abschließen, dann bietet das zwar eine schöne Optik. Durch den Verlust einer gewissen Schutzzone kommt die Felge beim Einparken aber leichter in Kontakt mit dem Bordstein, was zu unschönen Schrammen oder Schäden führen kann“, erklärt der Leiter Räder bei TÜV Süd. Stefan Dittmar ist über den Sonderausschuss „Räder und Reifen“ des Fachausschusses Kraftfahrzeugtechnik an der Ausgestaltung der „Richtlinie zur Aufbereitung von Leichtmetallrädern für Pkw“ beteiligt, die Anfang Januar im Verkehrsblatt publiziert wurde. Der seit 1989 bei der Prüforganisation aus München beschäftigte Rad-Spezialist schrieb auch 2004 am seither mehrmals aktualisierten Grundsatzpapier mit, auf dem die nun bundesweit gültige Richtlinie basiert.

Selbsternannte oder tatsächliche Felgendoktoren gibt es viele in der Kfz-Branche. Aufgrund des Empfehlungscharakters der Vorgaben gab es bisher einen großen Interpretationsspielraum, welche Eingriffe erlaubt sind und welche Arbeiten dagegen letztlich zum Erlöschen der allgemeinen Betriebserlaubnis führen. Es geht insbesondere um Art sowie Ausmaß der Schäden, die Aufbereitungs-Methodik beziehungsweise darum, wo die Aufbereitung endet und eine zu unterlassende Reparatur beginnt. Die Veröffentlichung der Richtlinie im Verkehrsblatt schränkt den erwähnten Spielraum nun wesentlich ein. Im Gegensatz zur Reparatur, die etwa Eingriffe in das Materialgefüge, Schweißarbeiten und Rückverformungen einschließt, sind Aufbereitung oder Lackierung beschädigter Leichtmetallräder nicht verboten. Allerdings sollte sich die selbst durchgeführte oder in Auftrag gegebene „fachgerechte technische Wiederherstellung des Rades hinsichtlich optischer Defekte“ – so die Definition von Aufarbeitung laut Verkehrsblatt vom 13. Januar 2023 – an der neuen Richtlinie ausrichten. So seien „Polieren, örtliches Anschleifen, Verrunden von Kerben, gegebenenfalls Grundieren, lacktechnisches Füllen und Lackieren“ nur dann zulässig, wenn es sich um die Bearbeitung oberflächig sichtbarer Makel handelt, die in unbehandeltem Zustand nicht zu technischen Einschränkungen führen oder bei der HU beanstandet werden.

Wann darf aufbereitet werden?

Vor der Felgenkosmetik müssen Servicebetriebe sicherstellen, dass es sich um gegossene oder geschmiedete Leichtmetallräder handelt. Ferner gilt es, Verformungen im Bereich von Felgenhorn und Reifensitz auszuschließen. Auch ist die Beschädigungstiefe im Grundmetall zu prüfen. Diese darf höchstens bei zehn Prozent der Felgenhornbreite liegen und in keinem Fall mehr als einen Millimeter umfassen. Aufbereiter dürfen sich bei ihrer Arbeit nicht zu weit in die Radmitte vorwagen und lediglich im Bereich von 50 Millimetern in radialer Richtung ausgehend vom Außenhorn tätig werden. Im inneren Bereich der Felge darf unter bestimmten Umständen die Lackschicht bearbeitet werden.

Wie darf gearbeitet werden?

Im Zuge der Aufbereitung müssen Herstellerkennzeichnung sowie Typgenehmigungszeichen unverändert bleiben. Das aufbereitende Unternehmen hat die Räder nach getaner Arbeit seinerseits durch einen geeigneten Folienaufkleber oder andere nicht kerbwirkende Verfahren zu kennzeichnen, heißt es in der Richtlinie. Der Grund: Einmal aufbereitete Räder dürfen sich nicht erneut in Behandlung begeben und müssen verschrottet werden. Zudem gilt bei Lackierarbeiten eine maximale Einwirktemperatur von 100 Grad. Pulverbeschichtungen mit höheren Temperaturen sind nicht zulässig.

Gibt es von Seiten des Fahrzeug- oder des Felgenherstellers Vorgaben, in welchem Rahmen die Felge instandgesetzt werden darf, so sind diese Vorgaben maßgeblich. Darauf verweist die Interessensgemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL) in ihrer technischen Mitteilung 4/2023. „Sind für eine Felge keine Herstellervorgaben verfügbar, so sind die Vorgaben aus der aktuellen Richtlinie zur Aufbereitung von Leichtmetallrädern für Personenkraftwagen anzuwenden“, heißt es da. Auch zum Thema mehrteilige Rädern präzisiert die IFL: Arbeiten an mehrteiligen Felgen seien möglich, sofern diese „gemäß den Vorgaben des Radherstellers und unter Berücksichtigung der Vorgaben des Fahrzeugherstellers durchgeführt wird und die vorgegebenen Montagebedingungen eingehalten werden“.

Zu Diskussionen führte nach Veröffentlichung das Verbot eines „maschinellen Bearbeitens“ mit Ausnahme des „örtlichen Anschleifens“. Dieser neue Passus soll eine Wandstärkenreduzierung bei der landläufig Abdrehen genannten Praxis verhindern. Während früher eine partielle Aufbereitung vorherrschte, bieten heute Geräte mit Rotationsschleifverfahren eine Möglichkeit, die gesamte Sichtseite der Felge wirtschaftlich nachzubearbeiten – teils mit negativen Konsequenzen für das Bauteil. Lediglich der Felgenhersteller kennt genaue Parameter seiner Produkte in Hinblick auf die Materialfestigkeit. Einige bieten eine individuelle Aufbereitung an und werben mit dieser Expertise. Ein Beispiel ist die Otto Fuchs KG aus Meinerzhagen.

Stefan Dittmar sieht das Thema als Prozess. Aufgrund des dynamischen Markts ist auch die Arbeit an den Regularien selten vollständig abgeschlossen. Einerseits gebe es fortwährend technische Fortschritte in der Aufbereitungspraxis. Zudem bringen sich auch Felgenhersteller ein: Eine Möglichkeit wäre es, wenn Felgen bereits nach der Bauteilprüfung hinsichtlich der möglichen Aufbereitung beurteilt würden. So bekommen Aufbereiter mehr Spielraum beim Materialabtrag. Doch beim Zielkonflikt Nachhaltigkeit versus Verkehrssicherheit würde ich letzterer den Vorzug geben“, so Stefan Dittmar. (Martin Schachtner/amz.de)

Hübsch anzusehen: Die Karizzma von Barracuda ziert einen Ford Focus RS. Ärgerlich ist es aber, wenn das gute Stück Bordstein- oder Schlagloch-Kontakt bekommt.
Foto: JMS Fahrzeugteile GmbH
Hübsch anzusehen: Die Karizzma von Barracuda ziert einen Ford Focus RS. Ärgerlich ist es aber, wenn das gute Stück Bordstein- oder Schlagloch-Kontakt bekommt.
Die neue Richtlinie zur Aufbereitung von Leichtmetallrädern wurde im Verkehrsblatt Heft 1 -2023 Nr. 1 veröffentlicht.

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