Während sich die USA aktuell im Epizentrum der Insolvenzwelle befinden, herrscht in einigen anderen Ländern – darunter Deutschland – noch die Ruhe vor dem Sturm. Davon geht zumindest der Kreditversicherer Euler Hermes aus, der ab Herbst eine weltweite Pleitewelle erwartet. Für die Jahre 2020 und 2021 prognostizieren die Experten einen kumulierten Anstieg der weltweiten Insolvenzen um insgesamt 35 Prozent.
Dass die Entwicklung dabei von Land zu Land unterschiedlich ist und somit manche Länder erst 2021 so richtig betroffen sein werden, ist nach Meinung von Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz, kein Grund zur Entspannung: „Das ist längst keine Entwarnung, sondern vielmehr eine tickende Zeitbombe. Spätestens im dritten Quartal des Jahres wird diese Zeitbombe hochgehen und die Schockwellen dürften sich ins gesamte erste Halbjahr 2021 ausbreiten."
Obwohl Deutschland als Exportnation stark von der internationalen Entwicklung abhängig ist, könnte die Pleitewelle hierzulande etwas geringer ausfallen. „Deutschland könnte im Vergleich zu vielen anderen Ländern mit einem blauen Auge davonkommen. Gründe dafür sind neben der besseren Ausgangssituation und dem kürzeren, weniger strikten Lockdown vor allem die schnellen und sehr umfangreichen Sofortmaßnahmen der Regierung. Insbesondere der gemeinsame Schutzschirm von Bund und Kreditversicherern für deutsche Unternehmen hat den Handel erst einmal stabilisiert und Lieferketten zusätzlich geschützt", so van het Hof.
Nach Euler Hermes-Meinung könnten die Pleiten in Deutschland in den zwei Jahren bis 2021 um insgesamt 12 Prozent auf dann etwa 21.000 Fälle ansteigen, wobei der Löwenanteil auf 2021 entfallen dürfte. Unabhängig von der vermeintlich etwas besseren Ausgangslage warnt Maxime Lemerle, Chef der Insolvenz- und Branchenanalysen bei der Euler Hermes Gruppe, davor, die jeweiligen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu früh zu beenden. Sollte das der Fall sein, „könnte der Anstieg der Insolvenzen sogar noch um 5 bis 10 Prozentpunkte höher ausfallen.“
(dw)