Wie wir bereits berichtet haben, werden im Rahmen von De-minimis Unternehmen des Güterkraftverkehrs mit schweren Nutzfahrzeugen gefördert, die bestimmte Maßnahmen zur Förderung von Sicherheit und Umwelt durchführen. In der Vergangenheit gehörte auch der Erwerb neuer oder runderneuerter Reifen zu den Investitionen, für die Güterverkehrsunternehmen staatliche Zuschüsse beantragen konnten. Doch seit Beginn des Jahres knüpft die Förderfähigkeit in punkto Pneus an das EU-Reifenlabel an. Damit sind runderneuerte Lkw-Reifen de facto von der Förderung ausgeschlossen, denn das Label gibt es derzeit nur für Neureifen.
„Für die vorwiegend mittelständisch strukturierten Runderneuerungsunternehmen mit ihren gut 1.800 Beschäftigten ist das eine Katastrophe“, so Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV), der auch die Interessen der Runderneuerer in Deutschland vertritt. „Unsere Mitglieder berichten, dass die Nachfrage von Speditionskunden nach ihren Produkten seit Jahresbeginn rapide gesunken ist.“ Aus Kostengründen würden sich die Spediteure jetzt lieber für günstige Neureifen entscheiden, die die geforderten Labelwerte vielleicht gerade so erfüllten, durch die staatlichen Subventionen im Endeffekt aber deutlich billiger zu haben seien als ressourcenschonend produzierte Runderneuerte. Das kann nach Aussage des BRVs nicht im Sinne des Förderprogramms sein.
Das Verkehrsministerium plant, runderneuerte Lkw-Reifen für förderfähig zu erklären, ohne dass für sie Vorgaben hinsichtlich Geräuschentwicklung und Rollwiderstand gelten, die auf Basis des EU-Reifenlabels definiert sind. Die Wirtschaftlichkeits-Wächter des Finanzministeriums hingegen beharren darauf, eben diese Vorgaben in der Richtlinienänderung auch für Runderneuerte beizubehalten. Einwände, dass für runderneuerte Lkw-Reifen mangels Reifenlabel gar kein Nachweis für die Einhaltung dieser Vorgaben erbracht werden kann, wischt der Bundesrechnungshof vom Tisch. Anstelle des Labels müssten das eben die Runderneuerer ihren Produkten attestieren. Für die Runderneuerungsunternehmen aber ist dieser Lösungsvorschlag ungefähr so gut wie die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Verbandsexperte Drechsler erklärt warum: „Entweder sie bescheinigen das ungeprüft und machen sich dann im Rahmen von De-minimis-Förderungen ihrer Produkte des Subventionsbetrugs schuldig. Oder sie müssen quasi jeden einzelnen Reifen, den sie runderneuern, einem Test nach den Vorgaben für die Neureifenkennzeichnung unterziehen. Das aber können die Runderneuerer weder organisatorisch noch finanziell bewältigen.“ Der springende Punkt dabei ist, dass Runderneuerer im Gegensatz zu Neureifenherstellern ihre Produkte nicht in Serie fertigen können, da gebrauchte Karkassen unterschiedlicher Hersteller und unterschiedlichen Alters, in der Kalterneuerung gegebenenfalls auch unter Verwendung von Laufstreifen unterschiedlicher Hersteller, verwendet werden. Für den BRV ist das Ansinnen des Bundesrechnungshofes deshalb kein akzeptabler Kompromiss. „Gerade weil der im Vergleich zu Neureifen um ein Vielfaches höhere Testaufwand den wirtschaftlichen Exitus für die mittelständischen Runderneuerungsunternehmen bedeuten würde, hat die EU ja die runderneuerten Reifen aus der Reifenkennzeichnungsverordnung vorerst ausgenommen und der Branche eine Übergangsfrist bis 2017 gewährt“, so Hans-Jürgen Drechsler. „Seither arbeiten wir auf europäischer Ebene und in einem von der EU unterstützten Projekt unter Hochdruck daran, eine vergleichbare, aber für die Runderneuerungsbranche tragbare Lösung zu erarbeiten. Zur Sicherung der Deminimis-Förderung wird diese aber definitiv zu spät kommen – bis dahin ist die laufende Förderperiode vorbei und ein großer Teil der mittelständischen Runderneuerer in Deutschland wird den Exitus erlebt haben.“
(akl)