Nach dem aufwühlenden Fintyre-Scheitern und dem monatelangen Bangen um die Arbeitsplätze bei Reiff, Krieg, RS Exclusiv und weiteren Akteuren unter dem Fintyre-Dach, kann nun endlich mal wieder Positives berichtet werden. Zumindest Reiff Reifen und Autotechnik findet ein neues Zuhause, beim Reifenriesen Bridgestone.
Laut Bridgestone-Mitteilung, bestätigt durch die mit der Insolvenzverwaltung beauftragten Anwaltskanzlei Jaffé, erfolgte die Unterzeichnung der Übernahme am 1. Mai 2020, der Abschluss wird vorbehaltlich der noch ausstehenden Genehmigung durch die zuständigen Behörden für den 1. Juni 2020 erwartet. Finanzielle Details der Transaktion werden nicht bekannt gegeben. In aktuell schweren Corona-Zeiten ist dies eine durchaus hoffnungsvolle Nachricht, nicht nur für die bei Reiff beschäftigten 554 Mitarbeiter, sondern auch für den deutschen Reifenmarkt insgesamt. Bridgestone übernimmt 42 Niederlassungen und das Runderneuerungswerk in Reutlingen-Betzingen, das 2014 quasi „runderneuert“ den Betrieb wiederaufnahm. Das Werk in Reutlingen runderneuert bereits Nutzfahrzeugreifen im Bandag-Verfahren von Bridgestone. Die 42 Niederlassungen in Baden-Württemberg bieten ein umfassendes Retailgeschäft im Pkw- und Nutzfahrzeugsegment an.
Die Übernahme erhöht die Markt- und Markenpräsenz von Bridgestone im deutschen Markt. Mit Christian Mühlhäuser, in seiner Funktion als Managing Director Bridgestone Central Europe, verfügt der Reifenhersteller über eine Persönlichkeit, die den deutschen Markt sehr genau kennt. Mühlhäuser hat in der Geschäftsführung der Driver Reifen und Kfz-Technik GmbH jahrelange Erfahrung in den Bereichen Technik und Logistik gesammelt. Außerdem hat er in seiner damaligen Funktion ein Retailkonzept erfolgreich geführt.
Die Unternehmensleitung sieht die Übernahme im Einklang mit der Drei-Säulen-Strategie von Bridgestone, durch den Fokus auf Premium-Reifen, vertrauenswürdige Mobilitätslösungen und kundenorientierte Einzelhandelsnetzwerke ein führender Anbieter von Mobilitätslösungen zu werden. Daniel Giroud, Chief Sales Officer BSEMIA, kommentiert: „Bei Bridgestone stehen unsere Handelspartner und Kunden im Mittelpunkt aller Aktivitäten. Wir freuen uns darauf, die Reiff Reifen und Autotechnik GmbH in unserem Netzwerk willkommen zu heißen. Wir teilen viele Werte, einschließlich der unermüdlichen Aufmerksamkeit für erstklassigen Kundenservice, die wir auch weiterhin leben werden, wenn sich unsere Partnerschaft weiterentwickelt. Die Übernahme wird unser bestehendes Handelspartnernetzwerk wirksam unterstützen und neue Synergien innerhalb dieses Netzes schaffen, so dass wir noch präsenter auf dem Markt und noch näher an unseren Kunden sein können.“
Bridgestone konzentriert sich in den letzten Jahren auf die Erfahrungen im Einzelhandel mit Übernahmen und Joint Ventures in Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien. Das Einzelhandelsnetzwerk und die Partnerschaften umfassen europaweit führende Namen wie Ayme, First Stop, pitstop.de, PPG Pneuhage Partners Group und Speedy.
„Die Investorensuche war in dem aktuell sehr schwierigen Marktumfeld und unter dem Eindruck der Corona-Krise eine Herausforderung. Es bedurfte eines außergewöhnlichen Einsatzes aller Beteiligten, um so in kürzester Zeit eine Fortführungslösung zu realisieren. Einen wesentlichen Beitrag dazu haben auch die Mitarbeiter vor Ort in den Filialen durch ihre kundenorientierte Arbeit unter schwierigsten Bedingungen geleistet. Wir sind deshalb sehr glücklich mit diesem Ergebnis und dem Erfolg für die Gläubiger und freuen uns, dass alle Arbeitsplätze erhalten bleiben“, teilt Insolvenzverwalter Miguel Grosser von der Kanzlei Jaffé Rechtsanwälte Insolvenzverwalter mit. „Wir stehen auch in aussichtsreichen Verhandlungen mit Interessenten für weitere Betriebe der Gruppe“, so Grosser. Für mehrere dieser Betriebe seien die Verhandlungen mit potenziellen Investoren über eine Fortführung auf der Zielgeraden. „Wir haben im Investorenprozess festgestellt, dass das Interesse potenzieller Investoren ausschließlich den Einzelhandels- oder Dienstleistungsbetrieben der Fintyre-Gruppe gilt. Für die Großhandelseinheiten gab es keine Angebote“, sagt Grosser.
Für die Secura Reifenservice GmbH (Reifeneinzelhandel und Service, 60 Mitarbeiter, Neuhof), die Duro Reifenservice GmbH (Reifeneinzelhandel und Auto-Service, 17 Mitarbeiter, Neuhof), die TyreXpert Reifen + Autoservice GmbH (Reifenfach- und -einzelhandel, 107 Mitarbeiter, Hohenwestedt) sowie die Reifen24 GmbH (Online-Shop, 5 Mitarbeiter, Saalfeld/Saale) laufen laut der Anwaltskanzlei aktuell Verhandlungen mit Interessenten für eine Übernahme. (kle/oth)