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Reifenindustrie

Runderneuerung vor dem Aus?

Steht die mittelständische Runderneuerungsbranche in Europa vor dem Aus? Neue Richtlinien zur Typgenehmigung und dem Reifenlabel führen dazu, dass viele Experten schon heute vor dem Aus in 2015 warnen.

Steht die mittelständische Runderneuerungsbranche in Europa vor dem Aus? Neue Richtlinien zur Typgenehmigung und dem Reifenlabel führen dazu, dass viele Experten schon heute vor dem Aus in 2015 warnen.
Im Gespräch mit unserer Zeitschrift zeigte sich Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) über die Zuspitzung der Situation sehr besorgt. Besonders die europäische Gesetzgebung und hier speziell die Gesetzgebung zu Lkw-Neureifen stellt für runderneuerte Lkw-Reifen eine große Gefahr dar. Es verdichten sich die Hinweise, dass die aktuellen Richtlinien und Gesetze sowohl bezogen auf das Typengenehmigungsverfahren (nach UN-ECE-R 54 und UN-ECE-R 117 in Verbindung mit der VO 661/2009/EG - schrittweise Einführung von Grenzwerten für den Rollwiderstand, die Nasshaftung und das Reifenabrollgeräusch), als auch auf die Reifenkennzeichnungsverordnung (nach VO 1222/2009/EG - „Reifenlabelingverordnung“ zu Rollwiderstand, Nasshaftung und Reifenabrollgeräusch) völlig neue Anforderungen an runderneuerte Lkw-Reifen stellen werden. Bisher waren runderneuerte Reifen von der Reifenkennzeichnungsverordnung freigestellt. Die Freistellung gilt zurzeit bis 2015. Mit dem Auslaufen dieser Freistellung könnten die Regelungen für Lkw-Neureifen 1:1 auch auf runderneuerte Reifen angewandt werden. Das würde in letzter Konsequenz das AUS der mittelständischen Runderneuerung in Europa bedeuten. Der dann geforderte Prüfaufwand und die damit verbundenen Kosten würden keine wirtschaftliche mittelständische Runderneuerung mehr zulassen.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die mittelständische freie Runderneuerung in Europa im Gegensatz zur Neureifenproduktion eben keine Serienfertigung darstellt. Im Runderneuerungsprozess werden Karkassen unterschiedlicher Hersteller und unterschiedlichen Alters runderneuert. Neben der Heißerneuerung werden in der Kalterneuerung die Karkassen ggf. unter Verwendung von Laufstreifen unterschiedlicher Hersteller runderneuert. Experten gehen davon aus, dass in der Runderneuerung mehr als 8.000 Varianten vorkommen und entsprechend behandelt werden.

Wenn man bedenkt, dass in der Europäischen Union gut 50 Prozent der auf den Straßen eingesetzten Lkw-Reifen Runderneuerte sind, dann wird klar, welches Potenzial hier im Sinne der Ressourcenschonung und des Umweltschutzes quasi mit einem Pinselstrich vernichtet wird. Von den vielen tausend Arbeitsplätzen, die in der europäischen Runderneuerung und bei deren Zulieferern vorhanden sind, lässt sich in diesem Zusammenhang nur spekulieren. Fakt ist jedoch, dass ein kompletter Wirtschaftszweig durch eine halbherzige und unglückliche Gesetzgebung droht, vernichtet zu werden. Allein in Deutschland wurden im letzten Jahr 1,09 Millionen runderneuerte Lkw-Reifen, 1,36 Millionen runderneuerte Llkw-Reifen und 11,79 Millionen runderneuerte EM-Reifen verkauft. Die beeindruckende Stückzahl von 14,24 Millionen runderneuerten Reifen zeigt das große Potenzial auf.

In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber auf Initiative des BRV und des BIPAVER im Rahmen der Typengenehmigung für runderneuerte Lkw-Reifen Rechnung getragen, in dem in Anlehnung an die UN-ECE-R 54, aber eben unter Berücksichtigung der Spezifika der Runderneuerung, die UN-ECE-R 109 eingeführt wurde. Dies muss zur Existenzsicherung der mittelständischen freien Runderneuerung in Europa auch für die nunmehr in Frage stehenden zusätzlichen Überprüfungskriterien - Rollwiderstand, Nasshaftung und Reifenabrollgeräusch - sowohl im Rahmen der Typengenehmigung (in Anlehnung an die UN-ECE-R 117 in Verbindung mit der VO 661/2009/EG), als auch im Rahmen der Reifenkennzeichnungsverordnung (in Anlehnung an die VO 1222/2009/EG) gewährleistet werden.

BRV und BIPAVER engagieren sich dafür seit Jahren - Stichwort hierzu ist das so genannte „Bast-Projekt“, d.h. die Initiierung wissenschaftlicher Untersuchungen zum Rollwiderstand, der Nasshaftung und des Reifenabrollgeräusches runderneuerter Lkw-Reifen im Vergleich zu Lkw-Neureifen. Diese Untersuchungen sollen als Basis für einen entsprechenden Vorschlag dienen, der den Spezifika der Runderneuerung Rechnung trägt und im besten Fall zu einer entsprechenden Regelung für runderneuerte Lkw-Reifen werden könnte. Dazu hat es in den vergangen Jahren eine Vielzahl von Gesprächen auf EU-Ebene mit den entsprechenden Generaldirektionen der EU gegeben, mit dem Ziel, eine Förderung für dieses Projekt zu erhalten. Im Ergebnis wurde im Dezember 2010 bei der DG-Research ein den EU-Regularien entsprechender Antrag von einem dazu gegründeten Konsortium, in dem neben dem europäischen Verband BIPAVER (Federführung) die nationalen Verbände VACO (NL), BRV (D), AIRP (I) und AER (E), die mittelständischen Runderneuerer Kargo Groep (NL), Reifen Ihle (D) und Bandvulc (UK), der Laufstreifenhersteller Kraiburg (A) sowie die Prüflaboratorien BAST (D) und IDIADA (E) involviert sind, eingereicht. Die Entscheidung dazu steht noch aus und wird Mitte dieses Jahres erwartet.

Es ist fünf vor zwölf, dass sollten sich alle Beteiligten, die in der Runderneuerung arbeiten, vor Augen führen. Es kann nicht sein, dass es demnächst nur noch eine Werksrunderneuerung geben wird, da die großen Reifenhersteller über das entsprechende Prüf- und Testequipment durch die Neureifenproduktion schon verfügen. Jetzt hilft nur noch eine großflächige, konzertierte Aktion, an der sich Alle beteiligen sollten. Unterstützen Sie den BRV und den europäischen Verband BIPAVER. Für den Bestand der Runderneuerung ist das ein lohnendes Ziel.

(oth/kle)

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